Beim „Tag des Hörens“ stand das Hören und das Gehör ganz im Mittelpunkt. Die Veranstaltung wurde von Studierenden aus dem Studiengang Hörakustik / Audiologie der Hochschule Aalen organisiert. Vor dem Aalener Rathaus konnten Besucherinnen und Besucher unter anderem erfahren, wie das Gehör aufgebaut ist und wie Schallwellen in akustische Wahrnehmungen umgewandelt werden, einen Hörtest machen oder Hörgeräte erleben.

„Das ist die Ohrmuschel, hier werden die Schallwellen aufgenommen und ins Mittelohr weitergeleitet, wo sie das Trommelfell und die Gehörknöchelchen in Schwingung versetzen“, erklärte Laura Arand, Studentin der Höraktustik an der Hochschule Aalen und fuhr fort: „Diese werden dann an die Hörschnecke weitergeleitet. Dort befinden sich feine Haarzellen, die die Bewegung in Nervenimpulse umwandeln – im Hörzentrum unseres Gehirns werden dieses dann verarbeitet und in das Gehörte umgewandelt.“ Dabei zeigte sie mit dem Finger auf die verschiedenen Bereiche eines großen Ohr-Modells, das vor ihr steht. Im Querschnitt lassen sich Trommelfell, Gehörknöchelchen und die Cochlea – die Schnecke im Innenohr – gut erkennen.

Laura ist eine von insgesamt fünf Studierenden des vierten Semesters „Hörakustik / Audiologie“, die den Tag des Hörens organisiert haben. Entstanden ist die Idee dazu im Projekt „Hörakustik“ unter der Leitung von SmartPro-Mitglied und Professor Dr. Steffen Kreikemeier gemeinsam mit Mitarbeiter Daniel Andres. „Die Konzeption und Umsetzung lag aber ganz in der Hand der Studierenden“, betonte Kreikemeier. „Wir wollten einfach zum Thema Hören aufklären und informieren“, erklärte Laura, warum sie den Tag des Hörens ins Leben gerufen haben.

Vor dem Rathaus in der Aalener Innenstadt haben sie einen Stand aufgebaut und ganz viel Anschauungsmaterial mitgebracht. Hier konnte man sich nicht nur zeigen lassen, wie das Gehör funktioniert, sondern auch einen Hörtest machen oder erleben, wie es ist, mit einem Hörgerät zu hören und verschiedene Hörgerät-Bauformen testen. Wer wollte, konnte mit dem Videoothoskop einen Blick in das eigene Gehör werfen und das Trommelfell und die dahinterliegenden Gehörknöchelchen vergrößert auf einem Bildschirm sehen. Auch ein Hörverlust-Simulator stand bereit und machte erlebbar, wie ein Musikstück mit unterschiedlich ausgeprägtem Hörverlust klingt. Eine typische Form des Hörverlusts ist beispielsweise die altersbegleitende Schwerhörigkeit, die sich anfangs vor allem darin äußert, dass hohe Töne nicht mehr so gut wahrgenommen werden. Die Ursache liegt in der Hörschnecke, der Cochlea. „Die hohen Frequenzen werden an der Basis der Schnecke wahrgenommen, die tiefe Töne in inneren Bereich“, erklärte Laura. „An der Basis kommen aber alle Schallwellen durch, auch die niedrigen Frequenzen der tiefen Töne, somit gibt es hier eine viel größere Beanspruchung. Man kann sich das wie in einem Treppenhaus vorstellen – irgendwann sind die unteren Stufen ausgetreten, weil hier jeder drüber läuft.“ Aber natürlich stellt auch große Lautstärke, beispielsweise durch zu lautes Musikhören oder Lärm durch Maschinen, eine Gefahr für unsere Ohren dar, weshalb man, so Kreikemeier, auf jeden Fall auf Gehörschutz achten sollte.

Und Hören ist wichtig. Nicht nur ist das Hören einer der ausgeprägtesten der fünf Sinne, der Hörsinn ist auch immer aktiv, egal ob wir wach sind oder schlafen. Außerdem spielt er eine ganz wesentliche gesellschaftliche Rolle: „Das Hörsystem gibt Lebensqualität. Ohne zu hören, kann man nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen“, sagte Kreikemeier und ergänzte: „Es gibt da ein Zitat von Kant, das lautet: ‚Nicht Sehen trennt von den Dingen, nicht Hören trennt von den Menschen.‘“ Genau dieser soziale Aspekt mache für ihn die Faszination am Hören aus. Auch die beiden Schwestern Laura und Sally haben sich längst dem Hören verschrieben: Nach der Schule haben sie erst einmal eine Ausbildung zur Hörgerätakustikerin gemacht, bevor sie sich für den Studiengang Hörakustik eingeschrieben haben.

Der Stand wurde von den Bürgerinnen und Bürger aus Aalen und Umgebung gut besucht. Besonders gut kam der Hörtest an. „Heute Vormittag war hier eine richtige Schlange“, sagte Studentin Sally lachend. Auch Doris Schultheiß nutzte die Gelegenheit, sich einem Hörtest zu unterziehen. „Ich hatte das Gefühl, ich höre nicht mehr gut und wollte mich da gerne mal testen lassen“, sagte die 80-jährige Abtsgmünderin. „Als ich in der Zeitung vom Tag des Hörens gelesen habe, dachte ich sofort: Da geh ich hin.“ Denn: Hier konnte sie sich ganz unverbindlich und ohne lange auf einen Termin zu warten, testen lassen. Auch die Studierenden profitierten von der Aktion. Sie konnten hier das Gelernte praktisch anwenden und ganz viel üben. Doris Schultheiß hat sich auch gleich als künftige Probandin eintragen lassen. Als kleines Geschenk gab es für sie noch ein kleines pinkfarbenes 3D-Druck-Öhrchen. Denn: Individuelle Ohrpasstücke (Otoplastiken) werden heutzutage im 3D-Druckverfahren hergestellt. Im Rahmen des Kooperationsnetzwerks SmartPro, das durch Bundesmittel gefördert wird, forscht die Arbeitsgruppe von Steffen Kreikemeier hierzu an neuen Geometrien für Otoplastiken. Vielleicht können schon beim nächsten Hörtag neue Otoplastiken demonstriert werden.

Der erste „Tag des Hörens“ war jedenfalls ein voller Erfolg – und das, obwohl ganz kurzfristig einiges umgeplant werden musste. Umso stolzer ist Kreikemeier auf seine Studierenden: „Die haben das echt gut gemacht!“ Einem zweiten Tag des Hörens steht somit in Zukunft nichts im Wege.

Fotohinweis: © Hochschule Aalen / Jana Ling