Andreas Jansche präsentierte auf dem Kongress „Materials Science and Engineering“ seine neuesten Forschungsergebnisse. Im Mittelpunkt stand das SmartPro-Projekt Smart-DATA. Darin setzt Jansche Machine Learning ein, um Defekte in Lithium-Ionen-Batterien zu erkennen. Seine Forschungsfrage am Institut für Materialforschung Aalen (IMFAA) der Hochschule Aalen: Eignet sich das sogenannte „unüberwachte Lernen“ für diese Anwendung? Hier gibt er Einblicke in das Projekt und berichtet von seinen Erfahrungen auf dem Kongress in Darmstadt.

Ende September versammelten sich über 1.300 Forschende aus 48 Ländern an der Technischen Universität Darmstadt zum Materials Science and Engineering Congress (MSE) – einer der größten Konferenzen in der Materialwissenschaft weltweit. Mit dabei: Andreas Jansche vom SmartPro-Forschungsnetzwerk, der Ergebnisse aus dem Projekt Smart-DATA präsentierte.

Jansche, der seinen Bachelor in Informatik und Forschungsmaster in Advanced Materials and Manufacturing an der Hochschule Aalen absolvierte, legte schon früh seinen Schwerpunkt auf Machine Learning, eine Anwendung der Künstlichen Intelligenz. Nun setzt er dieses Wissen am Institut für Materialforschung (IMFAA) ein. Im Team von Prof. Dr. Gerhard Schneider und Dr. Timo Bernthaler nutzt er Machine Learning, um die Mikrostrukturen von Werkstoffen zu analysieren. Im Fokus stehen dabei Materialien, die für die Energiewende entscheidend sind, wie Batterien und Magnete.

Modelle decken Batteriedefekte auf

Das vorgestellte Projekt fokussiert auf Bilddaten von Lithium-Ionen-Batterien. Expertinnen und Experten analysieren diese Mikroskopiebilder auf Defekte wie Risse oder Verunreinigungen im Elektrodenmaterial – eine zeitintensive Aufgabe, da sie Hunderte, wenn nicht Tausende von Bildern manuell analysieren müssen. „Die Analyse erfordert viel Zeit, Ressourcen und Expertise, die oft woanders besser eingesetzt werden könnten,“ erklärt Jansche. Machine Learning schafft hier Abhilfe, indem Modelle Muster – wie in diesem Beispiel bestimmte Defekte – automatisiert erkennen.

Beim Machine Learning werde oft das überwachte Lernen eingesetzt, erläutert Jansche: „Beim überwachten Lernen wird ein Modell anhand von vielen Beispielbildern trainiert, in denen Defekte schon gekennzeichnet sind, um diese dann später in neuen Bildern zu erkennen.“ Diese Methode hat sich für solche Anwendungen bereits als vielversprechend erwiesen, aber erfordert dennoch die Annotation von hunderten Beispielen der verschiedenen Defekttypen durch Expertinnen und Experten, um große Datensätze zu erstellen und das Modell damit zu trainieren. So entstand am Institut schon ein Datenbestand von rund 6.000 händisch annotierten Bildern mit einer Vielzahl an verschiedenen Defekten. Eine alternative Methode ist das unüberwachte Lernen, bei dem das Modell nach Mustern in den Daten sucht, ohne dass ihm vorher gekennzeichnete Informationen zur Verfügung gestellt werden. „Diese Methode hat den Vorteil, dass keine manuelle Annotation der Fehler erforderlich ist,“ erklärt Jansche. „Deswegen haben wir uns gefragt: Können unüberwachte Machine-Learning-Modelle Defekte in Lithium-Ionen-Batterien aus Bilddaten erkennen und kategorisieren?“

Um das zu untersuchen, setzte er verschiedene unüberwachte Lernmethoden ein, um einen Bilddatensatz zu analysieren. Die Informationen, welche Defekte wo sind, wurden dem Modell jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Um den Erfolg der unüberwachten Modelle zu bewerten, verglichen Jansche und seine Kollegen ihre Ergebnisse mit den bereits bekannten Ergebnissen zur Defektpopulation in den Daten.

Dabei konnte herausgearbeitet werden, dass unüberwachtes Lernen für diese Art von Daten nicht geeignet ist. Zwar konnten die Modelle Muster in den Bildern erkennen und kategorisieren, doch entsprachen diese Kategorien nicht den tatsächlichen Defekten. Jansche betont, „Für andere Anwendungen – wie etwa Magnetwerkstoffe – konnten wir mit unüberwachtem Lernen bereits Erfolge erziehen. Auch wenn wir keine Erfolgsgeschichte über unüberwachtes Lernen an Li-Ionen-Zellen mit der Wissenschafts-Community teilen konnten, haben wir doch einige Erkenntnisse daraus für unsere weitere Arbeit gewonnen. Außerdem waren diese Ergebnisse ein Sprungbrett für tiefe Diskussionen mit den anderen Teilnehmenden. Es wurde klar, dass diese Ergebnisse nicht nur für die Batterieforschung von Bedeutung sind. Ich habe mit vielen Materialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus anderen Anwendungsgebieten gesprochen, die entweder bereits mit Machine Learning arbeiten oder daran interessiert sind. Dieser Erfahrungsaustausch war für mich besonders wertvoll.“

Neue Impulse und Forschungsperspektiven

Besonders wertvoll war für Jansche auch das Rahmenprogramm des Kongresses mit einer Führung durch das Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA. „Mal hinter die Kulissen der ESA in Darmstadt zu schauen, war faszinierend. Es hat wirklich Spaß gemacht zu sehen, wie vielfältig ihre Aufgaben sind und wie viele Länder dabei zusammenarbeiten“, erzählt Jansche begeistert.

Zurück in Aalen freut sich Jansche nun auf den nächsten Schritt in seiner Forschung: die Erprobung des semi-überwachten Lernens. Er hofft, mit dieser Methode einen Kompromiss zwischen der effizienten Nutzung von Zeit und Expertise, die das unüberwachte Lernen bietet, und der Genauigkeit des überwachten Lernens zu finden. Vielleicht hören wir auf dem nächsten MSE-Kongress davon!

Fotohinweis: Andreas Jansche präsentiert die neuesten Forschungsergebnisse aus dem SmartPro-Projekt Smart-DATA. Foto: © Deutschen Gesellschaft für Materialkunde e. V. (links), Kishansinh Rathod (rechts)