Was sofort auffällt: die knallorange Brille und das farbenfrohe Hemd. Wer jetzt auf Künstler tippt, der liegt damit bei Frank Mauceri vollkommen richtig. Aber mit Staffelei, Pinsel und Farbpalette arbeitet er nicht, sondern mit dem Computer und generativen Systemen. Und aktuell auch mit dem Laser – ist der US-Amerikaner doch derzeit als Gastwissenschaftler am LaserApplikationsZentrum (LAZ) der Hochschule Aalen künstlerisch tätig.
Wellen und Wirbel
Filigrane Linien tanzen auf dem Papier, werden zu Wellen oder Wirbeln, ineinander verschlungen. Alles scheint in Bewegung und strahlt eine große Dynamik aus. Was wie zarte Bleistiftzeichnungen aussieht, ist mit Tintenstrahldrucker auf Papier gebannt, für die Frank Mauceri vorher extra Computerprogramme geschrieben hat. Muster – ob organische oder geometrische – üben auf den Künstler eine große Faszination aus. Häufig wird er dabei von musikalischen Prozessen inspiriert. Denn Mauceri ist nicht nur ein bildender Künstler, sondern auch ein Komponist und leidenschaftlicher Saxophon-Spieler. Eigentlich lehrt der 60-Jährige Musiktheorie und Komposition am Bowdoin College im Maine (USA), lebt aber derzeit in der Berliner Künstlerresidenz takt. „Meine Frau ist Physikerin und im Rahmen ihrer Forschung für ein Jahr in Berlin. Ich habe ein Sabbatical eingelegt, um mich intensiver meinen künstlerischen Arbeiten zu widmen“, erzählt Mauceri.
Großer Einfluss elektronischer Medien
In seinen vielseitigen Werken – die von Digitaldrucken über Animationen bis hin zu interaktiven musikalischen Performances reichen – erkundet Frank Mauceri verschiedene Medien und Techniken. Einen großen Einfluss haben Computermusik und elektronische Medien auf den 60-Jährigen. „Es gibt einen engen Bezug zwischen der Musik und der Kunst, die ich mache“, erläutert der schlanke Mann mit den raspelkurzen, ergrauten Haaren. Denn die Algorithmen, die er für seine Musik und Klanglandschaften benutzt, sind mit denen für seine bildende Kunst verwandt.
Computer als Werkzeug
Besonders interessieren Mauceri Muster, aber viel mehr noch die generativen Systeme, mithilfe derer die Muster entstehen. „Ich benutze den Computer als Werkzeug, um Verfahren festzulegen und Systeme zu konstruieren“, sagt Mauceri und fügt hinzu: „Es geht mir nicht so sehr darum, Bilder oder Töne zu produzieren, die mir gefallen. Anstatt die Muster zu schaffen, die ich will, entstehen die Muster aus den Systemen, die ich will.“ Dabei faszinieren ihn vor allem die Entstehungsprozesse. „Ich weiß nicht, was am Ende rauskommt, aber wenn es ein interessanter Prozess ist, dann wird es auch ein interessantes Ergebnis. Ich möchte Prozesse schaffen, die Spuren hinterlassen, die ich noch nicht kenne.“
„Technik und Kunst sind Verbündete“
Für ihn noch unbekannte Spuren möchte Mauceri jetzt auch mit der Lasertechnik als neuem Medium hinterlassen. Dafür ist er gerade als Gastwissenschaftler im LaserApplikationsZentrum der Hochschule Aalen (LAZ) tätig. Mithilfe des Lasers will er Muster auf Papier oder Acryl schneiden und gravieren. „Und den Studierenden zeigen, was man mit der Lasertechnik noch alles Tolles machen kann“, sagt Mauceri. Denn schließlich seien Technik und Kunst seit Jahrtausenden Verbündete. „Man denke nur an den Bau der Pyramiden oder Kathedralen, die Glasmalerei, den Buchdruck oder die Lithographie und nicht zu vergessen unsere ganzen Musikinstrumente“, fügt der Künstler mit großer Begeisterung hinzu. Dass die Studierenden Technik auch mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten, sozusagen „über den Tellerrand hinaus“, ist ihm eine Herzensangelegenheit.
Faible für schwäbische Spezialitäten
Zustande gekommen ist der Kontakt zur Hochschule Aalen über Rektor Prof. Dr. Harald Riegel. „Wir haben uns vor 28 Jahren zufällig in Stuttgart kennengelernt, als wir mit unseren Kindern auf einem Spielplatz waren. Meine Frau forschte damals am Max-Planck-Institut und Harald Riegel auch – das war ein weiterer, witziger Zufall“, erzählt Mauceri und lacht vergnügt. Die Schwäbische Alb findet der US-Amerikaner „wunderschön“ und schwärmt von der Landschaft ebenso wie von den schwäbischen Spezialitäten Spätzle, Maultaschen und Brezeln. Beeindruckt zeigt sich der Künstler auch von dem stetig wachsenden Campus und der Forschungsstärke der Hochschule Aalen. „Es ist sehr bereichernd und inspirierend, mit den hiesigen Wissenschaftlern ins Gespräch zu kommen. Das bringt mich wieder auf neue Ideen.“
Kraftwerk-Fan
Seit 1998 lehrt Mauceri Musik und neue Medien in der Musikabteilung des Bowdoin College und ist auch als Komponist tätig. Zu seinen Kompositionen gehören Kammermusik, elektroakustische Musik, multimediale Werke und Jazz-Arrangements. „Ich mache sehr experimentelle Musik, die man auch als Klanglandschaften bezeichnen könnte.“ Der vielseitige Künstler ist ein großer Fan des deutschen Komponisten Karlheinz Stockhausen, der als Pionier der elektronischen Musik gilt. „Und natürlich bin ich auch ein Riesenfan von Kraftwerk! Die sind ja auch sozusagen ein Multimediaprojekt“, sagt Mauceri verschmitzt. Dass er mit seiner künstlerischen Arbeit sowohl seine große Leidenschaft für die Musik als auch für die bildende Kunst ausleben kann, empfindet er als großes Geschenk. Und ein Geschenk wird er auch der Hochschule Aalen in Form eines Kunstwerks hinterlassen. Wie das genau aussehen wird, will der sympathische Mann noch nicht verraten. „Da lasse ich mich noch selbst überraschen“, sagt Mauceri mit einem spitzbübischen Lachen.
Fotohinweis: Die Macht des Laser ist mit ihm: Für seine Kunstwerke experimentiert Frank Mauceri derzeit an der Hochschule Aalen mit der Lasertechnik. Foto: © Hochschule Aalen | Saskia Stüven-Kazi