Auch in diesem Jahr konnte Prof. Dr. Lothar Kallien mehr als 240 angereiste Vertreter der Gießereibranche aus Industrie und Forschung sowie interessierte Studierende zum Aalener Gießereikolloquium begrüßen. Mit über 20 Ausstellern war die Fachausstellung wieder ausgebucht.

Die Vortragsreihe eröffnete Klaus Hansen von Volvo Cars aus Göteborg mit seinem Vortrag über „Lessons learned optimizing casting flow for Megacastings“. Volvo nimmt gerade die ersten großen Druckgießmaschinen für Aluminiumgroßgussteile in Europa in Betrieb. Eine zweite Fabrik wird momentan in Kosice, Slowakei gebaut und soll 2026 fertig gestellt werden. Bei der Planung der Fabrik wurde besonderer Wert auf Materialflüsse gelegt. Im Gegensatz zu der „Just in Time“- Strategie hat Volvo einen Extraktionspuffer integriert, der gründliche Inspektionen der produzierten Teile zulässt. Die Hauptherausforderung war jedoch, so Hansen, den traditionellen Gedanken „Das haben wir schon immer so gemacht“ abzulegen und sich auf neue Dinge einzulassen.

Anschließend referierte Dr. Marcel Pfitzer von der Mercedes-Benz AG aus Sindelfingen zum Thema „Nachhaltiger Materialeinsatz in der Karosserie“. Die nachhaltige Unternehmensstrategie der Mercedes-Benz AG setzt sich aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Ökonomie zusammen. Insbesondere im Luxussegment gewinnt der Leichtbau und damit auch der Aluminiumguss immer mehr an Bedeutung. Auch die Zulieferketten sollen bis 2039 durch einen dreistufigen Ansatz in Richtung Nachhaltigkeit angepasst werden. Pfitzer hob insbesondere das Thema Topologieoptiomierung hervor: Dadurch kann das Bauteilgewicht weiter reduziert werden.

Stefan Prockl von der Bühler AG aus der Schweiz sprach über „Megacastings: A Suitability Analysis“. Angesichts der globalen Erwärmung und der daraus resultierenden Umweltkatastrophen wächst der Druck von Regulierungsbehörden und Interessengruppen, die Treibhausgasemissionen in der Automobilindustrie zu reduzieren. Eine von Bühler durchgeführte Lebenszyklusanalyse vergleicht Aluminiumdruckguss und Stahlstanzteile für die Produktion eines hinteren Unterbodens hinsichtlich ihrer jeweiligen Auswirkungen auf die globale Erwärmung. Mit einem neuen Berechnungsansatz werden alle Emissionen bis Scope 3 erfasst. Die Studie zeigt, wie wichtig umweltfreundlich produzierte Rohstoffe, die für die Produktion benötigte Energie und ein erhöhter Anteil an Recyclingmaterial sind, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Durch den Hebel Megacasting können nachhaltigere, leichtere Gussteile geschaffen werden, die eine weitere CO2-Reduzierung ermöglichen.

Dr. Werner Fragner von der Firma AMAG Austria Metall AG referierte über „Recyclinggusslegierung mit niedrigem CO2-Fußabdruck für Sicherheitsbauteile“. Vorgestellt wurde die neu entwickelte Recycling-Gusslegierung AlSi7.REC, die bei Audi für sicherheitskritische Bauteile in Serie geht und auch hohe Designanforderungen erfüllen muss. Ein Recyclinganteil von mehr als 70 Prozent spielt dabei eine zentrale Rolle. Anhand der Recyclinglegierung wird deutlich, was passiert, wenn die Toleranzgrenzen von jahrzehntelang etablierten Werkstoffen hinterfragt und angepasst werden. Die bei Audi für Felgen eingesetzte Legierung besteht alle Belastungstests vom „Curb-Test“ bis zum „Bordstein-Test“ und erfüllt die Anforderungen an Festigkeit und Korrosion.

Bei der anschließenden erstmaligen Preisverleihung des diesjährigen 10. Zinkdruckpreises in Aalen gab Frank Neumann von der Initiative ZINK aus Düsseldorf die Gewinner bekannt, die in folgenden Kategorien ausgezeichnet wurden:

„Mobilität“ : HDO Druckguß- und Oberflächentechnik GmbH

„Sanitärtechnik“ : HDO Druckguß- und Oberflächentechnik GmbH

„Lifestyle“ : SUDHAUS GmbH

„Elektrotechnik & Maschinenbau“ : Hippold GmbH Metallwarenherstellung

„Sicherheit- und Schließtechnik“ : Roto Frank Austria GmbH

„Innovation“ : Siegfried Müller Druckguß GmbH & Co. KGDruckguß GmbH & Co KG

Im Anschluss an die Kurzvorträge der Aussteller bot der Gießerabend im Gießereilabor der Hochschule Aalen die Möglichkeit zum intensiven persönlichen Austausch zwischen Gießerei- und Zulieferindustrie.

Am zweiten Kolloquiumstag stellte Dr. Sebastian Tewes vom BDGuss die schon anlässlich der Euroguss 2024 prämierten Gewinner des Druckgusswettbewerbs Magnesium, Zink und Aluminium 2023/2024 in Bild und Ton vor. Darunter waren eine Zylinderkopfhaube, ein Elektronikgehäuse für den Bergbau und eine Tragstruktur für eine hybride Instrumententafel.

Marco Bottin von der Firma FORM S.R.L. referierte über das Thema „Innovatives Konzept und Werkstoffe für Druckgussformen“. Es wurden Versuchsreihen zum „High Temperature Die Casting“ vorgestellt. Hier wird eine auf hohe Temperatur aufgeheizte Grafitform genutzt um mit langsamer Formfüllgeschwindigkeit dünnwandige Teile herzustellen. Zur Bewertung des Verfahrens wurde eine Fallstudie an einem PC-Monitorhalter durchgeführt, die zu folgenden Ergebnissen führte: Reduzierte Drücke und Schmelzegeschwindigkeiten sind möglich, Sprühen ist nicht erforderlich, wodurch die Zykluszeit verkürzt werden kann.

Christoph Dörr von der Firma Trumpf Laser- und Systemtechnik GmbH erläuterte die „Vorteile im Druckguss durch Kohlenstoffstähle aus dem 3D-Drucker“. Die Vorteile einer 3D-gedruckten, konturnahen Kühlung sind niedrige Oberflächentemperaturen, die Mikrosprühen und damit eine erhöhte Standzeit der Einsätze ermöglichen. Auch Zykluszeiteinsparungen können durch eine konturnahe Kühlung des Angussverteilers erreicht werden. Mit der konturnahen Temperierung kann eine effiziente, homogene und sofortige Temperierung der Angussverteileroberfläche realisiert werden. Kohlenstoffhaltige Stähle sind für den Einsatz im Druckguss besonders geeignet, da sie dem abrasiven Verhalten von Aluminium und den hohen Prozesstemperaturen widerstehen.

Danach stellte Dr. Andreas Mertz das Thema „Gigacasting – gezielter Einsatz von Peripheriegeräten“ vor. Das Vakuumsystem FX VAC kann bei richtiger Einstellung die Gas-/Luftmenge in der Werkzeugkavität und im Gießsystem um bis zu 95 Prozent reduzieren. Mit dem Jet-Kühler FX-JET können Hot Spots durch Verdampfungskühlung gekühlt werden, wodurch Schwindung, Porosität und Anhaftungen reduziert werden. Das flexible Squeeze-System FX-Squeeze führt eine lokale Nachspeisung von Druckgussteilen durch, wodurch Schwindungsporosität vermieden wird.

Abschließend wurden die aktuellen Forschungsthemen der Hochschule Aalen vorgestellt. Dr. Heidi Willing referierte über den „Einfluss des Wasserstoff-Eintrags auf die galvanische Beschichtbarkeit von Zinkdruckguss und Entwicklung von Maßnahmen zur Vermeidung (ZiBe3)“. Es wurde festgestellt, dass bei Zinkfolien (99,9 Prozent) und Zamak (Z410) über 200 Stunden keine Wasserstoffpermeation auftrat. Untersuchungen mittels Heißgasextraktion zeigten, dass unbehandelte und qualitativ hochwertige verkupferte Proben kaum Wasserstoff enthielten. Dagegen wiesen Proben mit schlechter Gussqualität deutliche Unterschiede im Wasserstoffgehalt auf. Insbesondere in vernickelten Proben konnte ein signifikanter Wasserstoffgehalt nachgewiesen werden, der auch durch die GDOES-Analyse bestätigt wurde. Die Untersuchungen zeigten, dass sich der Wasserstoff insbesondere bei Proben mit schlechter Oberflächenqualität in die Kupfer- und Nickelschichten einlagert.. Zur Vermeidung der Wasserstoffbildung wurden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen: Optimierung der Gießparameter zur Reduzierung von Oberflächenfehler, mechanische Nachbehandlung zur Reduzierung von Kaltlaufstellen und eine angepasste Spültechnik nach der elektrolytischen Entfettung und Aktivierung während der Galvanisierung.

Max Schütze berichtete über den Einsatz von mehrschichtigen Sandkernen im Druckguss. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG – 505145110) geförderte Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem utg der TU München durchgeführt. Um die Belastungen auf den Sandkern genau bestimmen zu können, wurde ein Prüfstand entwickelt, der flüssiges Aluminium mit Wasser simuliert. Ebenso wurden bereits die Ergebnisse der ersten Versuchsreihe zur Oberflächenqualität der Druckgussteile vorgestellt. Geplant sind Videoaufzeichnungen beim Zerfall des Kerns mit Aluminiumschmelze in der Druckgussmaschine.

Annike Bossert stellte „Innovative Hybride aus Holz und Druckguss“ vor und ging dabei auf den Projektablauf sowie auf ökologische und ökonomische Aspekte ein. Vorteile dieser Hybride sind unter anderem das Leichtbaupotenzial, die kostengünstigen Rohstoffe und der CO2-Speichereffekt. So soll eine Holz-Guss-Hybridbauweise als effiziente Enabler-Technologie für Holz in Fahrzeugstrukturen entstehen.

Dr. Marcel Becker und Thomas Weidler referierten über „Vacural®-Druckguss zur Herstellung innovativer Leichtbauteile aus Aluminium und Magnesium“. Am Beispiel eines Getriebedeckels wurde im Rahmen des Forschungsprojekts Indructec-E das Leichtbaupotenzial von Aluminium und Magnesium aufgezeigt. Durch die Optimierung des Gussteils konnte das Bauteilgewicht bei Aluminium um 34 Prozent und bei Magnesium um 51 Prozent reduziert werden. Zusätzlich konnten die Kosten um rund 40 Prozent und der CO2-Fußabdruck um rund 60 Prozent reduziert werden.

Valentin Ziegler erläuterte „Eigenschaften einer Sekundärlegierung in Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung – AlSi10MnMg“. Die Festigkeit wird durch die Erhöhung des Recyclinganteils positiv beeinflusst, die Dehnung nimmt jedoch bei deutlich höheren Gehalten teilweise ab. Die Korrosionsbeständigkeit nimmt mit höheren Kupfer- und Zinkgehalten ab und die Wärmeleitfähigkeit wird durch die Wärmebehandlung teilweise überlagert. Bei der Untersuchung konnte ein CO2-Fußabdruck von 1,2 kgCO2/kg erreicht und ein Recyclinganteil von 85 Prozent simuliert werden. Dieses Vorhaben wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Handtmann durchgeführt.

Den Abschluss der Vortragsreihe bildete Axel Kansy mit seinem Vortrag „Untersuchung der zyklischen Eigenschaften von Zinkdruckguss“. Es wurde festgestellt, dass beim quasistatischen Werkstoffverhalten die Prozessparameter keinen eindeutigen Einfluss haben und die Zugfestigkeit und Bruchdehnung der dickeren Proben höher ist. Eine höhere ertragbare Spannungsamplitude wurde bei ZP0430 im Vergleich zu ZP0410 festgestellt. Bei den metallographischen Untersuchungen besteht eine signifikante Korrelation zwischen Wanddicke und mittlerer Korngröße.

 

Fotohinweis: Prof. Dr. Lothar Kallien (rechts), Leiter des Gießereilabors der Hochschule Aalen, mit Dr. Werner Fragner, Dr. Marcel Pfitzer und Stefan Prockl (von links). Foto: © Hochschule Aalen