Für seine Masterarbeit im Bereich der Galvanotechnik ist Phillip Scherzl, Absolvent der Hochschule Aalen, mit dem DGO-Nachwuchsförderpreis 2024 ausgezeichnet worden. Mit seiner Arbeit hat er einen Beitrag zur Weiterentwicklung und Steigerung der Leistungsfähigkeit von Lithium-Ionen-Batterien geleistet. Dieser basiert auf einem patentierten Herstellungsverfahren der Hochschule Aalen, das zu einem neuartigen und verbesserten Elektrodenaufbau führt. Der DGO-Nachwuchsförderpreis wird von der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V. für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Oberflächentechnik vergeben.
Metallische Schichten im Mikrometerbereich
Silberbesteck, Leiterplatten in Smartphones oder Autofelgen: Unzählige Produkte des täglichen Lebens haben ihr Aussehen und ihre Funktion der Galvanotechnik zu verdanken. Aufgabe dieser Oberflächentechnik ist es, Werkstücke und Produkte mit geeigneten Oberflächen zu versehen, wobei der sparsame Umgang mit Rohstoffen und Energie angestrebt wird. Hierbei werden metallische Schichten mit einer Dicke von nur wenigen Mikrometern auf die Grundmaterialien aufgebracht. Ein überhaupt nicht oberflächliches Thema, wie Phillip Scherzl findet – und eines, mit dem er sich schon seit einigen Jahren mit großem Interesse und Leidenschaft auseinandersetzt.
Keine 08/15-Galvanik
„Eigentlich war das purer Zufall. Oder Glück. Denn nach meinem Schulabschluss hatte ich zunächst keine Ahnung, was ich eigentlich machen wollte“, sagt Scherzl und grinst verschmitzt. Also haben ihn seine Eltern auf eine Ausbildungsmesse geschleppt, wo er sich „kunterbunt in alle Richtungen“ umgeschaut hat. Hängengeblieben ist er damals beim Stand der Schott AG. Bei dem Mainzer Konzern, das auf Spezialglas und Glaskeramik spezialisiert ist, machte der heute 29-Jährige eine Ausbildung zum Oberflächenbeschichter und arbeite anschließend anschließend in der Galvanik. „Das war sehr spannend und hat großen Spaß gemacht, weil es keine 08/15-Galvanik ist, sondern die Bauteile aus mehreren Komponenten bestehen, wie beispielsweise Glas und Metall. Dies macht die Prozesse sehr komplex und anspruchsvoll.“ Und da ihn die Oberfläche auch in der Tiefe interessierte und er nicht sein weiteres Berufsleben nur ausführende Kraft sein, sondern auch Prozesse mitentwickeln wollte, holte der gebürtige Landshuter sein Fachabitur nach, um studieren zu können. „Einer meiner Kollegen hatte damals sein Studium an der Hochschule Aalen angefangen und mir gezeigt, was er alles lernt. Das hat mich total begeistert“, erinnert sich Scherzl.
Forschungsluft geschnuppert
Während seines Bachelorstudiums in Oberflächentechnik/Neue Materialien hat Phillip Scherzl auch von ersten Semester an in die Forschung an der Hochschule Aalen reingeschnuppert und viele Einblicke gewonnen: „Das hat mich absolut fasziniert, weil man damit etwas Neues schaffen kann – man erweitert sozusagen am Rand des Wissens das Wissen.“ So war für ihn schnell klar, dass er auf seinen Bachelorabschluss noch den Forschungsmaster „Advanced Materials and Manufacturing“ draufsatteln wollte. Dass er nun für seine Masterarbeit mit dem Thema „Beitrag zur Kompositgalvanoformung aluminiumbasierter Kathoden für Lithium-Ionen-Batterien“ kürzlich den Nachwuchsförderpreis der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V. erhalten hat, freut ihn sehr. Durch das Verfahren, das er mitentwickelt hat, können Aluminium/Aktivmaterial-Kompositfolien in unterschiedlicher Dicke und Struktur erstmals galvanisch hergestellt werden. „Dies hat potenziell große Vorteile für die Leitfähigkeit der Elektrode, was wiederum zu einer leistungsfähigeren Batterie führt – was für die Energiewende ja sehr wichtig ist“, erläutert Scherzl, der nach seinem Master als Prozessingenieur zur Schott AG zurückgekehrt ist. Aktuell arbeitet er an den Planungen für die Galvanik in einem neuen Schott-Werk mit.
Unkonventionelle Herangehensweise
Doch nicht nur der Preisträger freut sich über den DGO-Nachwuchsförderpreis, sondern auch Prof. Dr. Timo Sörgel als sein betreuender Professor. „Auch mit oberflächlicher Arbeit kann man Preise gewinnen“, scherzt Sörgel und fügt hinzu: „Durch unsere unkonventionelle Herangehensweise haben wir einen völlig neuen Weg eröffnet, wie Batterieelektroden hergestellt werden und aufgebaut sein können.“ Der promovierte Chemiker leitet das Zentrum Elektrochemische Oberflächentechnik (ZEO) an der Hochschule Aalen und forscht insbesondere zu den Themen Energiespeicherung und Nachhaltigkeit. Seine Begeisterung für innovative Oberflächen und Materialien lässt er gerne auf seine Studierenden überspringen. „Die Galvanotechnik ist eine in allen technischen Bereichen etablierte Querschnittstechnologie, die ein sehr großes Lösungspotenzial für viele Probleme unserer Zeit bietet. Und Phillip Scherzl hat einen tollen Beitrag dazu geleistet“, freut sich Sörgel.
„Unglaublich spannender Fachbereich“
Stolz ist Sörgel auch drauf, dass der DGO-Nachwuchsförderpreis nicht zum ersten Mal an einen Studierenden der Hochschule Aalen gegangen ist. Auch Claudia Schnele, die inzwischen bei Zeiss als Leiterin die Abteilung Oberfläche mit rund 150 Mitarbeitenden verantwortet, wurde mit dem renommierten Preis ausgezeichnet. An ihr damaliges Oberflächen- und Werkstofftechnikstudium sowie ihren Forschungsmaster „Advanced Materials and Manufacturing“ erinnert sich die 35-Jährige gerne zurück: „Es war eine coole Mischung aus Theorie und Arbeit in den Laboren.“ Der praktische Bezug habe ihr sehr gut gefallen, sagt Schnele, die auf einem landwirtschaftlichen Hof aufgewachsen ist und sich schon in ihrer Jugend für die technisch-naturwissenschaftliche Richtung interessiert hat. „Das Ingenieurstudium war für mich die richtige Wahl und mein Fachbereich ist unglaublich spannend. Denn schließlich spielen Oberflächen und Werkstoffe überall eine Rolle“, schwärmt Schnele für ihr Fachgebiet. Ganz schön oberflächlich – in den Ohren von Claudia Schnele und Phillip Scherzl hört sich das jedenfalls ziemlich positiv an.