Gemeinsam geht vieles einfach besser – das gilt auch in der Forschung. Mit Forschenden aus anderen Ländern zusammenzuarbeiten, ist für den wissenschaftlichen Fortschritt unerlässlich. Doch hierfür müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Denn oft stehen internationale Forschende vor besonderen Herausforderungen, seien es der Visumsantrag, sprachliche Barrieren oder die Wohnungssuche. Mit ihrem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Höhe von 500.000 Euro geförderten Projekt „Embrace“ steht die Hochschule Aalen internationalen Forschungstalenten mit Rat und Tat zur Seite. „Wir möchten sie mit offenen Armen bei uns willkommen heißen“, sagt Projektkoordinatorin Dr. Lola Bulut vom International Center der Hochschule Aalen.

Ankommen auf der Ostalb

Seit rund einem Monat lebt Dr. Keval Prajadhiana auf der Ostalb und arbeitet als Postdoktorand in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Miranda Fateri an der Hochschule Aalen. Die Maschinenbau-Professorin war im Frühling als Gastdozentin an Prajadhianas Universität in Malaysia, an der er sowohl seinen Master als auch seinen „Doktor“ gemacht hat. „Aus diesem Kontakt entstand die Idee, als Postdoc an die Hochschule Aalen zu gehen – für mich eine tolle Gelegenheit, in einem sehr spannenden Forschungsprojekt mit vielen Forscherinnen und Forschern aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenzuarbeiten“, erzählt der gebürtige Indonesier begeistert. Doch der Weg nach Deutschland mit den vielen bürokratischen Anforderungen sei nicht gerade leicht gewesen. „Ohne die große Hilfe des Embrace-Teams wäre ich jetzt sicherlich nicht hier“, sagt der 30-Jährige. „Ob beim Visumsantrag, der Eröffnung eines Bankkontos oder der Wohnungssuche: Ohne Unterstützung wäre ich da echt aufgeschmissen gewesen.“ Auch die kulturellen Aktivitäten und die Treffen mit anderen Promovierenden und Post-Docs hätten beim Ankommen auf der Ostalb geholfen.

Schnelle Lösungen 

 „Mit Embrace möchten wir ein Umfeld schaffen, in dem sich internationale Forschende entfalten können“, betont Projektkoordinatorin Dr. Lola Bulut. Denn schließlich stünden Forschende nicht nur im Labor, um sich mit wissenschaftlichen Studien zu beschäftigen, sondern sie „wollen auch Kontakte knüpfen, Freundschafen schließen, an der Gesellschaft teilhaben“. Einige lebten in Partnerschaften oder kämen mit Familie hierher. „Neulich hat sich beispielsweise eine Forscherin mit Kleinkind an uns gewandt. Sie hatte schon länger auf ein Gespräch mit der Kita-Erzieherin gewartet. Als sie diesen auf einmal sehr kurzfristig bekommen hat mit der Bitte, eine Dolmetscherin mitzubringen, war sie ziemlich verzweifelt. Wir haben dann innerhalb von drei Stunden Hilfe organisiert, sodass der Termin doch noch geklappt hat“, freut sich Bulut. Es gehe darum, für die unterschiedlichsten Fragen schnelle Lösungen zu finden.

Offenes Umfeld

Embrace soll kein internes Projekt der Hochschule Aalen bleiben, sondern auch in die Stadt und Region hineinwirken. Geplant ist eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt Aalen sowie Akteurinnen und Akteuren vor Ort, um die Integration der internationalen Forschenden in die Stadtgesellschaft zu fördern. „Dazu gehört auch ein offenes und inklusives Umfeld, in dem sich alle willkommen und geschätzt fühlen“, betont Bulut. Um richtig anzukommen und sich integriert zu fühlen, reichten Sprachkurse alleine nicht aus, dafür brauche es Alltagsbegegnungen. „Wir wollten auch die Aalenerinnen und Aalener mobilisieren. Das ist doch eine tolle Möglichkeit für einen interkulturellen Austausch. Schließlich ist Integration keine Einbahnstraße“, sagt die 47-Jährige und lacht. Bulut weiß, was es bedeutet, quasi sein Leben und seine Kultur einzupacken und woanders hinzuziehen. Die gebürtige Usbekin zog nach ihrem Englisch- und Türkischstudium an der Uzbekistan State World Languages University in Taschkent mit ihrem Mann in dessen türkische Heimat. Dort arbeitete sie zunächst als Englischlehrerin und lehrte nach ihrer Promotion an der Universität in Gaziantep. Aus beruflichen Gründen wechselte die Familie 2016 nach Deutschland. Für die Embrace-Koordinatorin und ihr Team Rose Francis-Binder und Miriam Kollmer-Trianni ist die Integration der internationalen Studierenden, Forschenden und Fachkräfte eine Herzensangelegenheit. Gemeinsam organisieren sie regelmäßig Events wie beispielsweise interkulturelle Workshops, Networking-Veranstaltungen und die neue Veranstaltungsreihe „Mein Weg nach Aalen“, die die persönliche Geschichte der Forschenden erzählt.

„Absolut lebensrettend“

Auch Dr. Moyin Akintunde hat sich auf den Weg nach Aalen gemacht. Die Wissenschaftlerin und Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung ist vor einem Jahr aus Nigeria gekommen und arbeitet als Postdoktorandin im Bereich Polymer Technology bei SmartPro-Projektleiterin Prof. Dr. Iman Taha. Mit der Hochschule Aalen ist sie durch eine Online-Messe in Kontakt gekommen. Dort hat sie Pascal Cromm, den Leiter des Akademischen Auslandsamtes, getroffen. „Er hat mich auf die Website der Hochschule aufmerksam gemacht und dabei bin ich auf ein Interview mit Prof. Dr. Taha über nachhaltige Kunststoffe gestoßen, das gleich mein Interesse geweckt hat“, erzählt die junge Forscherin. Das Interview war Teil der von SmartPro gestalteten Online-Kampagne #forschungsstAArk. Dass es eine Unterstützung wie Embrace gebe, sei „absolut lebensrettend“, so Akintunde und lacht herzlich. Dankbar fügt die 33-Jährige hinzu: „Jedes Mal, wenn es ein Problem gab, hat das Embrace-Team geholfen. Sie sind immer als Ansprechpartner für uns da. Wir können uns wirklich sehr glücklich schätzen.“ Und angekommen fühlt sie sich inzwischen auch. „Das ist mit den anderen Forschenden eine richtig nette Community.“

Fotohinweis:

Dr. Lola Bulut (Mitte) freut sich, dass sie und ihr Team die beiden internationalen Forschenden Dr. Keval Prajadhiana (links) und Dr. Moyin Akintunde mit Rat und Tat unterstützen können. Foto: © Hochschule Aalen | Saskia Stüven-Kazi